Röhrenbestückung in den 50er/60er Jahren

Anhand einer chronologisch geordneten, tabellarischen Darstellung der Radiogeräte mitsamt ihrer Röhrenbestückung lässt sich sehr eindrucksvoll die Dynamik der technischen Entwicklung aufzeigen. Für den Einsteiger in die Welt der Röhrenradios kann sie eine erste grobe Orientierungshilfe sein, Geräte in eine bestimmte Epoche einzuordnen und nebenbei gleichzeitig auch noch die einzelnen Röhren ihrer jeweiligen Funktion zuzuordnen.

In der nachfolgenden Tabelle sind beispielhaft sieben Geräte aufgelistet, die für ihre jeweilige Zeit als repräsentativ gelten können:

Lediglich zur Verdeutlichung ist der Seibt VE 301 Wn hier mit aufgeführt, denn es fällt sofort auf, dass der Volksempfänger nicht in die übrige Röhrenlandschaft passt. Das ist auch logisch, denn sein Baujahr (1937/1938) liegt außerhalb unseres Betrachtungszeitraums der 50er/60er Jahre, die Röhrenentwicklung hatte ihre große Zeit noch vor sich und das Empfängerprinzip (Audion) unterscheidet sich sehr maßgeblich von den Überlagerungsempfängern der Nachkriegszeit.

Der Telefunken Filius (1949/1950) verfügt noch nicht über einen UKW-Teil. Die Triode/Hexode UCH11 dient als Oszillator- und Mischröhre für den AM-Bereich. In der nachfolgenden UCL11 erfolgt die Demodulation und die NF-Verstärkung. Das Prinzip der Triode/Hexode in der Oszillator-/Mischstufe wurde im Wesentlichen über den gesamten Zeitraum beibehalten, wenngleich natürlich die Röhren im Lauf der Zeit in verschiedenen Sockelformen und Entwicklungsreihen vorkamen (erkennbar an den letzten beiden Ziffern der Röhrenbezeichnung).

Der SABA Schwarzwald W (1951) repräsentiert den Anfang der UKW-Ära in meiner Sammlung. Im UKW-Teil arbeiten zwei Pentoden EF42, im AM-Bereich findet sich wieder die typische Kombination Triode/Hexode in Gestalt einer ECH42. Die Aufbereitung und Verstärkung des ZF-Signals erfolgt mittels einer Pentode EF41, die Demodulation hier noch durch zwei getrennte Röhren EB41 (Zweifachdiode) und EBC41 (Zweifachdiode und Triode). In der Endstufe arbeitet eine EL41 und als magisches Auge wurde eine EM71 verwendet. Bezeichnend für diese Epoche ist die Verwendung von 8-poligen Rimlock-Röhren (erkennbar an der Ziffer 4 hinter den Buchstaben).

Der Nordmende Fidelio (1953) dokumentiert die rasante Entwicklung innerhalb von zwei Jahren. Im UKW-Teil werden statt zwei Pentoden nun zwei Trioden EC92 eingesetzt, sehr wahrscheinlich, um das mit jedem zusätzlichen Gitter ansteigende Rauschen zu reduzieren. In der Oszillator-/Mischstufe begegnet uns erneut die charakteristische Triode/Hexode, hier in Form einer ECH81, die bis zum Ende der Röhrenära unverändert hergestellt und verbaut wurde. Demgegenüber hat die nachfolgende ZF-Röhre EF85 im Lauf der Jahre noch eine Weiterentwicklung erfahren. Für die Demodulation und als NF-Vorstufe wird eine EABC80 verwendet, die jetzt die Funktion von zwei Röhren (vgl. die EB41 und EBC41 im SABA Schwarzwald W) in einem gemeinsamen Glaskolben vereint und ebenfalls bis zum Ende der Röhrenära keine Veränderungen mehr erfahren hat. Die EL84 in der Endstufe gehörte bis in die 60er Jahre zur Standardbestückung, während das magische Auge EM34 fast wie ein Relikt aus alten Zeiten anmutet.

Bei der Telefunken Jubilate (1956/1957) fällt zunächst auf, dass im UKW-Teil statt zwei einzelnen Trioden (vgl. die beiden EC92 im Nordmende Fidelio) nunmehr eine Doppeltriode ECC85 eingebaut ist. Diese Röhre ist bis in die 60er Jahre hinein charakteristisch für den UKW-Teil. Der AM-Teil weist keine Besonderheiten auf, in der ZF-Stufe arbeitet jetzt eine Pentode EF89. Demodulation und Endverstärkung erfolgen mit den gleichen Röhren wie bereits drei Jahre zuvor beim Fidelio. Allerdings hat nun die Abstimmanzeige in Form des magischen Fächers EM80 eine Überarbeitung erfahren.

Die Philips Philetta (1958/1959) ist insofern bemerkenswert, als dass die Röhrenbestückung exakt der Telefunken Jubilate entspricht – hier allerdings in der Ausprägung als Allstromgerät (erkennbar am Buchstaben U an der ersten Stelle der Röhrenbezeichnung). Das lässt den Schluss zu, dass die technische Entwicklung bereits Mitte/Ende der 50er Jahre auf einem sehr hohen Niveau angekommen war und fortan weniger dynamisch verlief.

Auch der Schaub-Lorenz Tivoli 40 (1963/1965) scheint diese Annahme zu bestätigen. Auffällig ist die exakt gleiche Röhrenbestückung der Telefunken Jubilate sieben Jahre zuvor, lediglich die Endpentode EL95 hat noch eine Weiterentwicklung erfahren. Es ist unübersehbar, dass die Ressourcen zu diesem Zeitpunkt bereits für Entwicklungen im Bereich der Transistortechnik gebündelt worden waren.